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Gefühle und Physis

Und da ist noch ein weiterer Elefant im Raum:

Immer wieder erlebe ich es, dass irgendeine körperliche Lästigkeit (wie z.B. letzthin eine Krankheit) direkt meine Gedankenwelt beeinflusst. Dann kommen pessimistische Gedanken auf, ich mache mir Sorgen um dies und jenes und gebe in der Folge auch negative Äußerungen von mir.

Gleichzeitig beobachte ich auch, dass dieser Veränderung der Gedanken in Wirklichkeit etwas anderes voraus geht: eine Veränderung meiner Gefühle. Pessimismus und Angst sind ja primär Gefühle, keine Gedanken. Die kommen erst danach, als "pessimistische Gedanken", "Sorgen" usw..

Der springende Punkt dabei ist: Zuerst kommen die Gefühle und dann kommen die entsprechend eingefärbten Gedanken. Und den Gefühlen wiederum ist die physische Veränderung vorgeschaltet (Beispiel Krankheit).

"Ich" bin bei dieser Betrachtungsweise eine Abfolge von physischen Veränderungen, dadurch ausgelösten Gefühlen und Gedanken, die am Ende Taten bewirken können.



Gedanken sind Worte

Den gestrigen Eintrag muss ich korrigieren bzw. ergänzen:

Gedanken sind Worte. Die Software meines Verstandes ist die Sprache. Wenn meine Gedanken sich auf sinnvolle Weise entwickeln, dann bedienen sie sich der Sprache. Aber auch wenn meine Gedanken sinnlos kreisen, dann verwenden sie für ihr Geplapper die Sprache. Ich kann sie (z.B. beim Meditieren) als Worte wahrnehmen. Und deshalb könnte man hier einen neuen Begriff einführen: Gedankenworte.

Diese Erkenntnis erscheint mit gerade wie der Elefant, der im Raume steht. Die einzige Unterscheidung, die es hier noch gibt, ist die zwischen unausgesprochenen Worten und ausgesprochenen Worten. Letztere sind den Taten zuzuordnen, erstere den Gedanken.

Die Korrektur sieht folglich so aus:

Gedanken und Worte sind das Gleiche. Sie sind aus dem gleichen Holz geschnitzt: der Sprache. Gedankenworte können Taten bewirken. Taten sind dann umgesetzte Gedankenworte.



Lüge

Gedanken werden zu Worten, Worte werden zu Taten.

Taten sind materialisierte Worte, Worte sind ausgesprochene Gedanken.

Lüge entsteht da, wo diese Abfolge aus irgendeinem Grund gestört ist. Etwa weil äußere Zwänge die Tat verhindern, weil Mundverbote die Aussprache verunmöglichen, weil eine Flut von Ablenkungen den Gedankengang stört. Lüge heißt demnach also gleichermaßen die Lüge des Selbstbetrugs durch Gedanken, die Lüge durch falsch verwendete Worte, die Lüge der unreflektierten Tat.

Menschen, denen dies geschieht, sehe ich immer besser an, wie es um sie steht. Das betrifft Arbeitskolleginnen genau so wie Präsidenten von großen Ländern, den Bäcker an der Ecke oder einen so genannten "spirituellen Lehrer". Ich erkenne einfach, dass es da einen Knacks in der genannten Abfolge gibt, offensichtliche Widersprüche im Dasein.

Erkennen kann ich es nur deshalb, weil diese störanfällige Abfolge auch in mir selbst abläuft - inklusive eingebauter Disharmonien, sprich: Lügen.

Ausmaß und Relevanz von Lügen unterscheiden sich aber sehr von Tag zu Tag und eben auch von Mensch zu Mensch. Und diesen Unterschied sollte ich immer im Auge behalten. Es ist nämlich durchaus etwas anderes, ob mein Bankier vertrauenswürdig ist (oder nicht) oder die Sitznachbarin im Bus. Zumindest in der Regel.



Buße

In dem Buch über den Talmud, das ich gerade lese, wird immer wieder die Notwendigkeit hervorgehoben, Buße zu tun. Alte Bücher, altmodische Sprache.

Gemeint ist damit aber nicht, bei einem Fehltritt in Sack und Asche zu gehen und sich zu ducken wie ein geprügelter Hund. Gemeint ist vielmehr, den Fehltritt überhaupt als solchen anzuerkennen. Der Rest, also das, was man Läuterung oder Heilung nennen könnte, kommt von alleine. Mitunter sogar im selben Augenblick.



Meister

Gestern lernte ich einen echten Meister kennen und bin sehr dankbar für diese Erfahrung. Bislang kannte ich lediglich einen anderen Meister, nämlich A..

Menschen dieser Art erkennt man daran, dass sie ihre Arbeit mit Ernsthaftigkeit angehen - und dass sie den anderen Menschen mit Brüderlichkeit begegnen ohne ihre Freiheit aufzugeben. Sie beherrschen sich selbst und wirken darin als Vorbilder. Sie sind lebendig durch und durch, und können lachen und schimpfen, dass die Wände wackeln - und alles dazwischen auch. Ihr Handwerk beherrschen sie perfekt - sei es als Elektroingenieur, Gärtner, Wirt.

Wie wohltuend anders sind sie als jene selbst ernannten Meister im Internet, die den Menschen dieses Planeten durch Eigenlob Kompetenzen vorgaukeln, ihnen Verhaltensweisen nahelegen und sogar politische Botschaften (zumeist autoritärer Natur) ins Ohr träufeln. Ich erkenne sie oft schon an ihrem hämischen Gehüstel, das sie selbst wohl als Lachen verstanden wissen wollen. Influencer.

In mir selbst erzeugt die Begegnung mit einem echten Meister die Rückbesinnung auf das Lebendige in mir - auf die Notwendigkeit mithin, keine Minute meines Lebens zu verschwenden.